20. Internationale Schillertage
20. - 30. Juni 2019
2019 finden die Internationalen Schillertage bereits zum 20. Mal statt. Längst haben sie sich weit über Mannheim hinaus einen Namen gemacht.
Die Schillertage sind besonders. Nicht nur, weil bei diesem Festival das Werk eines einzigen Künstlers im Mittelpunkt steht und mit jeder Festivalausgabe neu gedeutet wird, sondern auch deshalb, weil es ihnen wie kaum einem anderen Festival gelingt, Tradition und Gegenwart zusammenzudenken. Die Schillertage verknüpfen die internationale zeitgenössische Kunstszene produktiv mit dem eigenen Standort, der Stadt Mannheim und der Metropolregion Rhein-Neckar. Sie sind lokal und international, zeitgenössisch und traditionsverbunden zugleich.
In den kommenden Jahren werden die Schillertage weiterentwickelt. Welche Themen und Ideen Schillers vermögen Künstlerinnen und Künstler heute noch immer zu inspirieren? Inwiefern bieten seine Überlegungen etwa zum Verhältnis der Geschlechter, zur Auseinandersetzung mit und Aneignung von Geschichte oder zur Herausbildung von individuellen und kollektiven Identitäten Stoff für die Auseinandersetzung mit den Themen und Fragen unserer Zeit?
Die Schillertage sind ein Festival in und für Mannheim. Sie machen die Stadt selbst zur Bühne und tragen Schiller auch an Orte, an denen man ihn bisher nicht vermutet hätte. Nicht zuletzt verstehen sich die Schillertage auch als Fest, als eine gute Gelegenheit also, miteinander zu feiern und ins Gespräch zu kommen. Seien Sie herzlich eingeladen!
Im Programmbuch finden Sie alle Informationen rund um die 20. Internationalen Schillertage:
Liebes Publikum,
herzlich willkommen zu den 20. Internationalen Schillertagen! Den eigenen Anspruch als »Schillerbühne« zu untermauern, einen Überblick über die aktuelle Schiller-Rezeption zu ermöglichen und nicht zuletzt der Wunsch herauszufinden, was von Friedrich Schiller als »Autor des provokativen Zeitalters« noch »für die Gegenwart belebbar« sei – das waren nur einige der Motive, die 1978 zur Gründung eines neuen Festivals am Nationaltheater Mannheim führten. Ein Festival, das sich zunächst ausschließlich dem Werk eines einzigen Autors widmete, und das nicht weniger als »ein Spiegel des internationalen und nationalen deutschsprachigen Theaters« sein wollte. Längst wird bei den Internationalen Schillertagen nicht mehr nur Schiller gespielt, längst nicht mehr nur Deutsch gesprochen. Das Festival hat sich zu einer wichtigen Plattform für die künstlerische Zusammenarbeit über die Grenzen von Ländern, Institutionen und der verschiedenen Kunstformen hinweg entwickelt und unsere Vorstellung davon, was Theater sein kann, gehörig erweitert. Die Schillertage sind ein fester Höhepunkt im Veranstaltungskalender Mannheims und locken nicht nur Theaterfans an. Bis heute bildet jedoch die Frage, wie wir uns durch die Beschäftigung mit Schiller zu unserer eigenen Zeit ins Verhältnis zu setzen vermögen, die programmatische Grundlage einer jeden Ausgabe der Internationalen Schillertage.
Erregungskurven der Gesellschaft
Das diesjährige Festival steht unter dem Motto »Fieber« – und zwar nicht nur, weil Schiller bei einem seiner Aufenthalte in Mannheim an Malaria, dem »kalten Fieber«, erkrankte. Die Figuren in vielen seiner Stücke scheinen oftmals selbst wie von Fieber befallen. Vor allem aber bescheinigte der Arzt Schiller seiner Epoche angesichts der gewaltigen gesellschaftlichen Umbrüche, die Europa am Ende des 18. Jahrhunderts erschütterten, Fieberwahn und Fieberkrämpfe – die er mit seiner Kunst zu heilen hoffte. Und heute? Sind unsere vernetzten Gesellschaften nicht ebenfalls von einer Art Fieber, von Hysterie und Verfolgungswahn befallen, von allen möglichen Viren infiziert? Sind die sich ständig höher schraubenden medialen Erregungskurven und die erhitzten politischen Diskurse Ausdruck einer Infektion? Und erleben wir die Temperaturerhöhung unseres Planeten nicht ganz real? Vielleicht vermag Schiller uns zu zeigen, wie sich der gesellschaftlichen Überhitzung mit Leidenschaft, vor allem aber mit einem kühlen Kopf begegnen lässt.
Schillerfieber
Den kühlen Kopf stellte Schiller in seinen berühmten Briefen »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« unter Beweis. Unter dem Eindruck des großen Terrors, der auf die Französische Revolution folgte, dachte Schiller öffentlich darüber nach, wie Kunst den Menschen in die Lage versetzen könnte, mit seiner Freiheit verantwortungsvoll umzugehen. Zum 20. Jubiläum der Internationalen Schillertage haben wir 27 internationale Autor*innen gebeten, ausgehend von Schillers Thesen neue Briefe zur Rolle der Kunst in unserer Zeit zu verfassen. Bereits zum Festivalauftakt versetzen wir Mannheim ins Schillerfieber und eröffnen das Festival mit einer Eigenproduktion von »Maria Stuart« in der Inszenierung der gefragten Regisseurin Claudia Bauer. Drei weitere Schiller-Klassiker stellen wir in exemplarischen Inszenierungen vor. Eine ungewöhnliche Lesart der »Räuber« im Mannheimer Stadtraum haben sich die beiden Künstler von Studio Beisel vorgenommen. Wie in einem Fiebertraum bewegen sich die Protagonisten des Romans »Tram 83« durch einen Nachtclub in einer namenlosen afrikanischen Großstadt. Wir zeigen die deutsche Erstaufführung in einem Mannheimer Club. Dem um sich greifenden Überwachungsfieber widmet sich Clemens Bechtel in einem Projekt in der Multi halle im Herzogenriedpark. Die gefeierte polnische Regisseurin Marta Górnicka verleiht der grassierenden politischen Überhitzung – in ihrem Heimatland und überall auf der Welt – in ihrem grandiosen Chorprojekt »Hymne an die Liebe« ästhetisch überzeugend Ausdruck. Die Bilderflut im Internet erinnert uns an die Folgen unserer Lebensweise, denen wir mitunter lieber nicht ins Gesicht blicken würden, wie in Dries Verhoevens Videoinstallation »Guilty Landscapes«. Dass im und durch das Internet neue Kunstformen entstehen und sogar »viral« werden können, beweist das mitreißende Tanzstück »TO DA BONE«. Wie ansteckend Kulturaustausch sein kann, aber auch wie missverständlich, zeigt der Tänzer Robert Ssempijja in »Die Bretter, die die Welt bedeuten«. Der Titel stammt übrigens aus einem Gedicht von Schiller. In ihrem Solo »It’s going to get worse and worse and worse, my friend« schließlich übersetzt die faszinierende belgische Performerin und Choreografin Lisbeth Gruwez wahnhaft gesteigerte Sprache in ekstatische Bewegungen. Die Festivalakademie führt das Stipendiat*innenprogramm der Internationalen Schillertage weiter: Junge Künstler*innen begleiten das Festival aufmerksam und kritisch und setzen sich selbst mit dem Themenkomplex »Fieber« auseinander. Unsere neu gegründete Stadt-Jury will herausfinden, welchen Eindruck das Festivalprogramm bei Menschen verschiedenen Alters und mit unterschiedlicher Vorerfahrung hinterlässt. Und beim bewährten SWR2 Forum diskutieren Expert*innen unter Beteiligung des Publikums über die Fieberkurven unserer Gesellschaft.
Schill-Outs – das kostenlose Musikprogramm
Zentrale Anlaufstelle der 20. Internationalen Schillertage ist das Festivalzentrum auf dem Goetheplatz, das in diesem Jahr von den Leipziger Künstlern Sven Bergelt und Kai-Hendrik Windeler gestaltet wird. Über den gesamten Festivalzeitraum hinweg lädt es ein zum Verweilen und Entspannen, zum Austausch mit den anderen Besucher*innen und natürlich mit den Künstler*innen. Allabendlich finden hier die legendären Schill-Outs statt, das kostenlose Musik programm der Schillertage. Auch in diesem Jahr erwartet Sie eine extravagante Mischung verschiedener Musikstile. Die Internationalen Schillertage sind ein Festival des gesamten Nationaltheaters. Für den unermüdlichen Einsatz bedanken wir uns herzlich bei allen Mitarbeiter*innen. Großer Dank gilt auch unseren Förderern – der Stadt Mannheim, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – sowie unseren Kooperationspartnern. Die Schillertage wären nicht realisierbar ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung, für die wir der Heinrich-Vetter-Stiftung, dem Verein der Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim e.V., der B2B-Agentur Callies & Schewe, John Deere und Lotto Baden-Württemberg von Herzen danken. Persönlicher Dank gilt Dr. Georg Müller, Prof. Dr. Carl-Heinrich Esser, Prof. Dr. Peter Frankenberg und Georg Wacker, der Dr. Haas Mediengruppe, Gerüstbau Dostmann, den Gastfamilien der internationalen Stipendiat*innen und allen Unterstützer*innen der Internationalen Schillertage. Und natürlich den Künstler*innen. Freuen Sie sich auf eine Überdosis Schiller. Genießen Sie die Kunst, den Sommer und das Leben rund um den Goetheplatz. Feiern Sie mit uns den 20. Geburtstag der Internationalen Schillertage und lassen Sie sich vom Festivalfieber anstecken!
Christian Holtzhauer
und das Team der 20. Internationalen Schillertage
Inspiriert von Friedrich Schiller
Was ist das eigentlich, das Schöne? Welche Wirkung hat die Kunst auf die Entwicklung der Menschheit? Wozu überhaupt Kunst? Mit diesen (und vielen anderen) Fragestellungen müssen sich Künstler*innen immer wieder auseinandersetzen. Auch Friedrich Schiller führte diese Auseinandersetzung mit sich selbst in seiner berühmten Schrift »Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen«, entstanden unter dem Eindruck der Gewaltexzesse in Folge der Französischen Revolution. Schiller hatte die Revolution zunächst euphorisch begrüßt, hoffte er doch, dass sich in ihrem Zuge die Ideale der Aufklärung europaweit durchsetzen ließen. Doch statt in Frieden gemeinsam an einer demokratischen Gesellschaftsform zu arbeiten, setzte die neu gewonnene Freiheit die niedrigsten Instinkte in Schillers Zeitgenossen frei. Offensichtlich war der Mensch noch nicht reif fürs Freisein. Die Kunst, so Schillers Hoffnung, sollte den Menschen durch die »Veredelung « seines Charakters zur Freiheit befähigen. Heute sind es rassistische und nationalistische Ideologien, die unsere Freiheit und unsere liberale Gesellschaftsordnung bedrohen. Was ist in dieser Situation die Aufgabe von Kunst?
Anlässlich des 20. Jubiläums der Internationalen Schillertage bat das Nationaltheater Mannheim siebenundzwanzig internationale Autor*innen, Schillers kulturanthropologische Auseinandersetzung mit der Ästhetik und dem Nutzen der Kunst für unsere Zeit fortzuschreiben. Eine Autorin, ein Autor – ein Brief. Entstanden ist eine Sammlung höchst verschiedener politischer und ästhetischer Stellungnahmen, Aufrufe, Gedankenspiele, Hoffnungen und Manifeste aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. Eine Zusammenstellung, die eine Ahnung davon gibt, welche Bedeutung Kunst heute haben kann und haben sollte. Der renommierte Heidelberger Verlag »Das Wunderhorn« veröffentlicht die neuen »Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschen« pünktlich zum Festivalbeginn im Juni 2019.
In der Sammlung vertreten sind:
Karlheinz Lüdeking (Prolog), Ahlam, Alhierd Bacharevič, Priya Basil, Lars Brandt, Aya Cissoko, Özlem Özgül Dündar, Nora Gomringer, Olga Grjasnowa, Nino Haratischwilli, Anja Hilling, Elnathan John, John Jordan, A.L. Kennedy, Philipp Löhle, Wolfram Lotz, Enis Maci, Kristof Magnusson, Jagoda Marinić, Fiston Mwanza Mujila, Eckhard Nickel, Necati Öziri, Lukas Rietzschel, Kathrin Röggla, Philipp Stadelmaier, Cécile Wajsbrot, Pat To Yan, Maya Arad Yasur
Wolfram Lotz, Karlheinz Lüdeking und Kathrin Röggla lesen aus ihren Briefen, unterstützt von Schauspieler*innen des Ensembles des Nationaltheaters Mannheim. Im Anschluss an die Lesung sprechen die Autor*innen über den Nutzen der Kunst in unserer heutigen Zeit.
Do, 27. Juni 2019, 20.00 Uhr
Produktion: 20. Internationale Schillertage 2019
Projektleitung: Juliane Hendes
Verlag: Das Wunderhorn, Heidelberg
Werden Sie Teil der 20. Internationalen Schillertage! Das mit Beginn dieser Spielzeit neu am NTM gegründete Mannheimer Stadtensemble lädt Zuschauer*innen jeden Alters herzlich ein, als Mitglied der Stadt-Jury das Festival mit offenen Ohren und Augen zu begleiten. Was ist Kunst? Was macht das Theater mit mir? Wer kann und darf wie über Kunst sprechen? Sie sind die Expert*innen!
In drei praktischen Workshops Anfang Juni widmen sich die Mitglieder der Stadt-Jury gemeinsam mit der Künstlerischen Leiterin des Stadtensembles Beata Anna Schmutz diesen und vielen weiteren Fragen. Während des Festivals besucht die Stadt-Jury dann ausgewählte Inszenierungen. In gemeinsamen Jurysitzungen werden die Aufführungen anschließend besprochen, beschrieben und bewertet. Jede Meinung zählt, und jede Beschreibung ist richtig. Als Teilnehmer*in der Stadt-Jury tauchen Sie tief ein ins Festivalgeschehen, lassen sich anstecken vom Festivalfieber, diskutieren, forschen und begegnen sich und der Welt über die Auseinandersetzung mit Kunst.
Seien Sie dabei!
Die Stadt-Jury: Nina Alerić, Amelie Adi, Aminata Aminger, Laura Benizri, Sascha Billert, Costanza Dohmen, Sema Erdal, Ebru Eren, Patricia Graham, Kathrin Lämmle, Angelika Langbein-Bähr, Serap von Ostrovski, Ceyda Özcelik, Sofia Samoylova, Natalie Schweigler, Berrin Seker, Fatma Taweel, Ludwig Thorman
Leitung: Beata Anna Schmutz
Eine Kooperation der 20. Internationalen Schillertage mit dem Mannheimer Stadtensemble, der Jungen Bürgerbühne, dem Jungen NTM und dem Kurzfilmfestival GIRLS GO MOVIE
So, 30. Juni 2019, 18.30 Uhr
1 – Nationaltheater Mannheim
2 – Studio und Lobby Werkhaus
3 – EinTanzHaus e. V.
Trinitatis-Kirche, G 4, 4, 68159 Mannheim.
Eingang: G 4, 18
4 – Disco Zwei
T 6, 14, 68161 Mannheim
5 – Multihalle
Herzogenriedpark Mannheim, Max-Joseph-Straße 64, 68169 Mannheim
Abfahrt mit dem Bus von der Bushaltestelle NTM vor dem Theatercafé
6 – Mannheimer Abendakademie und Volkshochschule GmbH
U 1, 16-19, 68161 Mannheim
7 – Cineplex Planken
P 4, 13, 68161 Mannheim
8 – Cinema Quadrat
Collinistraße 1, 68161 Mannheim
Das Dorint Kongresshotel Mannheim bietet als unser Partnerhotel während der Schillertage einen vergünstigten Tarif für Festivalbesucher an:
Buchen Sie Ihr Zimmer unter dem Stichwort »Schillertage 2019« für 99 Euro pro Nacht, inkl. Frühstück.
Die 20. Internationalen Schillertage werden ermöglicht und gefördert durch:
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