Beweglich sein ist alles

Im NTM Tanzhaus, in der »Oper am Luisenpark« und im »Alten Kino Franklin« wird das Tanzensemble des Nationaltheaters während der Generalsanierung zu finden sein. Tanzintendant Stephan Thoss spricht bei einem Rundgang durch das Tanzhaus über die Herausforderungen und Vorteile, die diese Vielseitigkeit beinhaltet.

Damit es pünktlich zu Beginn der Interimszeit als Spielstätte nutzbar ist, wird das Tanzhaus, in dem das NTM-Tanzensemble täglich probt, jetzt auf Vordermann gebracht. Um Platzprobleme zu beheben und die aktuellen Brandschutzrichtlinien umzusetzen, wird die Tribüne ausgebaut, werden Türen ausgetauscht und tiefergelegt. Von den Neuerungen abgesehen ist das Tanzhaus ein etablierter Veranstaltungsort, da es bereits im Sommer 2016 seine eigene kleine Generalsanierung durchlief: Damals wurden Lagerräume hinzugefügt, Verdunklungsanlagen vor den Fenstern des lichtdurchfluteten Raums installiert, samtschwarze Stellwände für den Auf- und Abtritt der Tänzer*innen aufgestellt und ein loungeartiger Eingangsbereich eingerichtet: Eine gemütliche Sitzecke mit Bar lädt das Publikum vor und nach Vorstellungen zum Verweilen und zum Austausch mit den Künstler*innen ein. Vieles davon entstand in Eigenregie. Das zahlt sich jetzt aus: »Wir können hier mehr oder weniger uneingeschränkt weitermachen. Im Oktober 2022 werden wir hier unsere erste Premiere der neuen Spielzeit feiern. Pro Saison planen wir dann 15 bis 20 Vorstellungen«, prognostiziert Tanzintendant Stephan Thoss.
Blick ins Foyer des NTM Tanzhauses. Im Vordergrund ist eine Bar aus Holz. Im Hintergrund ist eine Sitzecke aus roten Ledersofas.
Die Bar im Eingangsbereich des Tanzhauses symbolisiert die Nähe zum Publikum, für die diese Spielstätte steht | Bild: Christian Kleiner
Auch in zwei anderen Interimsspielstätten, in der »Oper am Luisenpark« (OPAL) und dem »Alten Kino Franklin«, wird das Tanzensemble proben und auftreten. Das ist möglich, da der federnde Schwingboden, der die Gelenke der Tänzer*innen schont und das Verletzungsrisiko verringert, unkompliziert transportiert werden kann. Ohnehin hat das Tanzensemble eine bemerkenswerte Flexibilität inne. »Tänzer*innen sind ein Wandervolk«, bekräftigt Stephan Thoss lächelnd, »und für unsere Company ist das Reisen sowieso alltäglich, weil wir schon all die Jahre im Tanzhaus geprobt haben und für Vorstellungen an den Goetheplatz umgezogen sind«. Jeder Vorstellungsort soll seinen eigenen inszenatorischen Schwerpunkt erhalten, der sich an den technischen Gegebenheiten und dem zu erwartenden Publikum orientiert. Dass der OPAL einen Orchestergraben bietet, will Thoss ebenso nutzen wie die Bühnengröße: »Diese ermöglicht eine Parallelität in der Erzählung, was mir inszenatorisch wichtig ist. So kann man etwa Vergangenheit neben Gegenwart stellen oder umeinanderkreisende Situationen zeigen. Die Bühne im OPAL ermöglicht uns, weiterhin Stücke nach Art von ›Sanssouci‹ aufzuführen, bei denen 70 bis 80 Leute auf der Bühne stehen. Das ist doch fantastisch«, schwärmt er. Im »Alten Kino Franklin« wird Thoss sich auf mehrteilige Tanzabende konzentrieren. Dafür ist die Möglichkeit, Bühnenbilder schnell wechseln zu können, ausschlaggebend. Inhaltlich plant der Tanzintendant für Franklin assoziative Produktionen, während er sich im OPAL auf Stücke mit festen Figuren und stringenten Handlungen fokussieren will. Ins Tanzhaus sollen experimentelle Inszenierungen von jüngeren Choreograf*innen eingeladen werden. Die dortige Nähe zum Publikum eigne sich ideal dafür, Gefühle auf das Publikum zu übertragen, so Thoss.
Blick vom Zuschauerraum auf die Bühne im Tanzhaus
Die Tribüne für das Publikum im Tanzhaus (im Vordergrund) soll im Mai 2022 erneuert und vergrößert werden | Bild: Christian Kleiner
Diese Schwerpunkte geografisch zu etablieren, sieht Thoss als eine seiner größten Aufgaben für die kommende Zeit, der er mit höchster Konzentration begegnen will. Davon abgesehen erfüllt ihn der Gedanke an die Zukunft vor allem mit Elan: »Neues birgt immer Energie. Diese neuen Räume sind im Prinzip wie eine Premiere, die in den Darstellenden höchstes Adrenalin freisetzt. Das ganze Tanzensemble freut sich, daher kann der Neubeginn nur gut werden«, erklärt Thoss enthusiastisch und fügt, sinnbildlich für den Start in die Interimszeit, lächelnd hinzu: »Die Gefahr liegt immer in der Routine«.

von Katharina Schantz

Veröffentlicht im Theatermagazin April 2022
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