Der Leuchtturm auf den Flannan-Inseln

Die Flannan-Inseln, an denen bereits zahlreiche Schiffe zerschellten, sind seit Jahrzehnten Grund für Spekulationen. Sie wurden zum Grundstein für zahlreiche Romane, Gedichte, Filme sowie für die Kammeroper »The Lighthouse« von Peter Maxwell Davies, in der sie unter dem Namen Fladda-Inseln vorkommen.

Um den Leuchtturm auf der Hauptinsel Eilean Mòr ranken sich viele Geschichten, denn bereits beim Bau kamen zahlreiche Menschen ums Leben. Ihren schrecklichen Ruf bekam die Insel jedoch erst im Jahr 1900 nach dem mysteriösen Verschwinden der drei diensthabenden Leuchtturmwärter James Ducat, Thomas Marshall und Donald McArthur. Am 15. Dezember 1900 fiel der Besatzung des Dampfers »Archtor« auf, dass das Licht des Leuchtturms nicht zu sehen war. Aufgrund dieser Meldung wurde das Hilfsschiff »Hesperus« losgeschickt, um neue Vorräte zur Insel zu bringen. Die Aushilfsbesatzung erreichte die Insel am 26. Dezember und fand diese verlassen und zur Hälfte verwüstet vor. Auf der Westseite war das Stahlgeländer der Landestelle herausgerissen, das Gras bis zu zehn Meter ins Inselinnere entwurzelt und ein schwerer Felsbrocken war versetzt. Es gibt allerdings auch Quellen, die behaupten, dass es keinerlei Unwetter zu der Zeit gegeben habe und die See ruhig gewesen sei. Dennoch wurde vermutet, dass die Leuchtturmwärter vom Sturm ins Meer gerissen wurden.

Allerdings erklärt diese Theorie nicht, weshalb alle drei verschwunden waren, da sich für Notfälle immer eine Person im Leuchtturm aufhalten musste. Das führte zur Vermutung, dass der dritte Wärter wohl spontan hinausgerannt sein musste, um den anderen beiden zu helfen, da noch ein Mantel am Haken hing, der Tisch gedeckt war und ein Stuhl am Boden lag, aber der Wohnraum sonst in bester Ordnung zu sein schien. Andere Quellen berichten dagegen von verfaultem Essen, ungemachten Betten und kaputtem Geschirr, als Folge einer körperlichen Auseinandersetzung. Es gibt mehrere Zeugenberichte, die von den Mitgliedern der »Hesperus«-Besatzung stammen, und einen Abschlussbericht des Leiters der Untersuchungskommission, die das Innere des Leuchtturms genau beschreiben. Darüber hinaus gibt es keine Möglichkeit, nachzuprüfen, wie es dort wirklich aussah, als die »Hesperus« ankam. Später wurden Logbücher gefunden, in denen von wilden Stürmen berichtet wurde, die sich im Nachhinein jedoch alle als Fälschungen erwiesen. Nach weiteren Untersuchungen einigte man sich schließlich darauf, dass die Leuchtturmwärter davongespült worden sein mussten. Im Laufe der Jahre haben sich zahlreiche Verschwörungstheorien um das Geheimnis herum entwickelt. Einige behaupten, die Leuchtturmwärter wären von großen Seevögeln verschleppt worden, andere beschreiben ein Seeungeheuer, welches die drei Männer von der Insel gerissen haben soll, und einige behaupten, das Verschwinden sei das Werk von Außerirdischen oder Piraten gewesen. Eine unheimliche Theorie beruht wohl auf dem Ruf Donald McArthurs, gerne Schlägereien zu provozieren. Angeblich wäre er auf der Insel verrückt geworden, hätte zuerst seine Kollegen von den Klippen geworfen und wäre anschließend selbst hinterhergesprungen. Da es jedoch keinerlei Anzeichen für dieses Verhalten gab, wurde diese Theorie schnell wieder ausgeschlossen.

Doch alle diese Theorien erklären nicht, weshalb das Verschwinden erst so spät festgestellt wurde, da das tägliche Signal an die Leuchtturmstation auf dem Festland bereits ab dem 7. Dezember nicht mehr gesehen wurde.

Die Leuchtturmwärter, die nach dem Verschwinden auf Eilean Mòr eingesetzt wurden, blieben alle nicht lange auf der Insel. Der direkte Nachfolger der drei stürzte in den Tod, einer verlor den Verstand und einige starben während ihres Dienstes, sodass der Leuchtturm seit 1971 automatisch betrieben wird.
Text: Johanna Holtzhauer. Illustration: Anastasiya Ponomaryova.