Zeitfenster Nr. 1

Die Tapisserie von Jean Lurçat im Mannheimer Nationaltheater

Im Oberen Foyer des Opernhauses hing Jean Lurçats große Tapisserie »Mannheim« mit der Wolfsangel aus dem Mannheimer Stadtwappen zuletzt an der Lochziegelwand zur Werkhausseite. Ihr Schöpfer Jean Lurçat (1892-1966) war ein vielseitig begabter französischer Bildender Künstler. Neben der Malerei und der Keramik beschäftigte ihn die Arbeit an großformatigen Bildteppichen, wobei er sich selbst als »Bildwirker« in der französischen Tradition des Mittelalters bezeichnete. Für das Theater betätigte er sich als Bühnen- und Kostümbildner. 1933-1935 war er für die international bekannten Ballets Russes tätig, wie es vor ihm Pablo Picasso getan hatte. Zu ihm gibt es eine weitere Parallele: Lurçat und Picasso arbeiteten einige Zeit in den Keramik-Werkstätten zu Sans Vicenc.
Auch engagierte sich Lurçat politisch und war in der französischen Résistance aktiv. Nach Kriegsende entfaltete er eine rege Tätigkeit, um nach eigener Aussage »das Virus der Tapisserie in aller Welt zu verbreiten.«
So kam es 1959-1960 zu einer Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim. In der Jubiläumsausstellung zum 50-jährigen Bestehen der städtischen Kunstsammlungen zeigte man u.a. Tapisserien, darunter die Wandteppichfolge »Gesang der Welt« (Le Chant du Monde). Für den damaligen Ausstellungskatalog schreibt Lurçat über sein Verhältnis zu Wandteppichen:
»Derart in die Architektur verliebt, erscheint mir der Wandteppich als der im höchsten Grade häuslicher Gebrauchsgegenstand, als derjenige, der die größte Chance hat, sich ohne Umschweife den Neigungen und der fleischlichen Existenz der Menschen anzupassen.«
Dies kann auch für sein Werk für das Nationaltheater Mannheim gesagt werden. Es wurde aber nicht bereits zur Eröffnung 1957 präsentiert, sondern erst im September 1963.
Die Tapisserie »Mannheim« hat eine Größe von 4,75 x 2,87 Meter. Ihre Farbenpracht ist bis heute gut erhalten. Sicher verpackt erwartet sie die Wiedereröffnung des Hauses am Goetheplatz nach der Generalsanierung. Obwohl Lurçat für einige öffentliche Gebäude (z.B. in Köln, Duisburg und Straßburg) Werke geschaffen hat, ist die Mannheimer Tapisserie das einzige Kunstwerk, das in einem Theater zu sehen ist.

Dr. Laura Bettag
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