Umzug ins Neuland

Das »Alte Kino Franklin« ist der Interimsspielort für das Schauspiel des Nationaltheaters während der Generalsanierung. Am 11. Januar sprachen Schauspielintendant Christian Holtzhauer und Achim Judt, Geschäftsführer der MWSP (Mannheimer Wohn- und Städtebau Projektentwicklungsgesellschaft) im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Begegnung« der Freunde und Förderer des NTM über den Ort, seine Geschichte, den aktuellen Stand des Umbaus sowie die Hoffnungen und Wünsche, die sie mit dem Umzug der Schauspielsparte verbinden.

Franklin, das ist das ehemalige Kasernengelände im Nordosten Mannheims, die größte ehemalige Wohnsiedlung des US-Militärs auf deutschem Boden. Franklin, das sind 144 Hektar – eine Fläche ungefähr so groß wie die Mannheimer Quadrate. Fünf Jahre nachdem die Amerikaner*innen das Gelände 2011 verließen, kaufte die MWSP es an. Das Ziel: der Privatisierung vorbeugen und die Entwicklung Franklins mit den strategischen Zielen der Stadt Mannheim vereinen. Mittlerweile ist Franklin Mannheims 38. Stadtteil. Aus den aktuell 4.300 ansässigen Mannheimer*innen sollen bald 10.000 werden. Ihnen sollen auf Franklin alle Komponenten für ein lokales Leben zur Verfügung stehen – nach Art der »Stadt in der Stadt«, die das Gelände für die Amerikaner*innen gewesen sei, wie Achim Judt erklärt. Das heißt, dass neben Supermärkten, Gastronomie, Arztpraxen und Büroflächen eins nicht fehlen darf: die Kultur. Für diese ist ab Herbst 2022 erst einmal das Nationaltheater zuständig.

Der Ort ist dafür prädestiniert: Im »Alten Kino« findet die Schauspielsparte Unterschlupf. Von dem Bauwerk soll möglichst viel erhalten bleiben, auch wenn die Statik auf die Belastung eines Theaterspielbetriebs nicht ausgelegt ist. Den Spagat zwischen Erhalt und erforderlicher Aufrüstung schaffen die Architekt*innen mit einer Stahlkonstruktion im Innenraum des Kinos. So bleibt auch die Substanz des Gebäudes sichtbar, wie etwa die alten Holzbalken des Daches. Der typische Mannheimer Industriecharme wird also auch in Franklin zum Tragen kommen.
Visualisierung. Blick von der Bühne im Alten Kino Franklin in den Zuschauerraum.
Eine Stahlkonstruktion im Innenraum wird benötigt, um daran technische Geräte, wie begehbare Beleuchtungskörper, Videoanlagen oder schwere Bühnenbildelemente zu befestigen | Rendering: Hassler made
Dem Umzug der Sparte in den neuen Stadtteil sehen Judt und die MWSP hoffnungsvoll entgegen: »Unsere Erwartung ist, dass wir mit dem Nationaltheater auf Franklin einen Magneten ausbilden – sodass Menschen neugierig auf einen Teil von Mannheim werden, an dem sie vielleicht jahrelang nur vorbeigefahren sind. Wir sind sicher, dass Franklin damit belebt wird und dass das Nationaltheater Teil der Identifikation mit Franklin werden wird«, bekräftigt er. Die Präsenz des NTM im neuen Stadtteil soll auch über das Ende der Generalsanierung hinauswirken, indem die Spielstätte kulturell nachgenutzt wird und so als Kulturstandort erhalten bleibt.
Visualisierung des Alten Kino Franklins von Außen, beleuchtet.
Ein Anbau an der Vorderfront des Bestandsgebäudes des »Alten Kinos Franklin«, der sich zum Vorplatz öffnet, soll das Foyer und die Theatergastronomie beherbergen. An der Rückseite entstehen Räume für die Mitarbeiter*innen des NTM | Rendering: Hassler made
Ob der Umzug ins Neuland gut angenommen wird? Christian Holtzhauer ist optimistisch – immerhin sei Franklin gut angebunden und die Straßenbahnhaltestelle der Linie 5 nur einen Steinwurf entfernt. Und: »Neueröffnungen bedeuten immer, dass sich das Theater neu erfinden muss. Das ist für das Publikum interessant, das uns schon kennt, aber auch für die Zuschauer*innen, die uns auf Franklin neu entdecken werden«. Achim Judt stimmt zu: »Am Ende des Tages wissen wir, dass das »Alte Kino« nicht 1:1 das Erlebnis am Goetheplatz spiegeln wird – das kann und soll es gar nicht«, betont er, »aber wenn man offen für das Neue ist, dann wird das eine tolle und intensive Zeit. Mein Wunsch ist, dass Sie, das Publikum, dem Ort eine Chance geben«.

von Katharina Schantz
»Auf Franklin soll Mannheims jüngster und modernster Stadtteil entstehen. Zugleich steckt der Ort voller Geschichte und Geschichten, die es neu zu entdecken und künstlerisch aufzubereiten gilt.«
Christian Holtzhauer

Veröffentlicht im Theatermagazin Februar 2022
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