Zeitfenster Nr. 9

Clara Walbröhl als Ehrenmitglied

Rezensionensammlung Clara Walbröhl
Der Ehrenmitgliedschaft am Nationaltheater Mannheim geht das außergewöhnlich erfolgreiche und langjährige Wirken eines Theatermitglieds voraus. Nicht selten sind die so Geehrten Persönlichkeiten, die eine breite Bekanntheit und ein hohes Ansehen im Publikum erlangt haben. Derzeit gehören dem Kreis der noch lebenden Ehrenmitglieder sechs Personen an, darunter eine Frau. Es ist die Schauspielerin Gabriela Badura (*1941), der die Auszeichnung 2013 verliehen wurde.
Möchte man wissen, wann zuvor einer Frau diese Ehrung zuteilwurde, stößt man auf Clara Walbröhl (1898 - 1995), die 1976 die städtische Urkunde aus der Hand des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Ludwig Ratzel erhielt. Davor gratulierte er der Schauspielerin, die Mitglied des Schauspiel-Ensembles von 1949 - 1975 war, zur Vollendung des 75. Lebensjahres und überreichte ihr den »Rheingolddukaten« der Stadt Mannheim. Clara Walbröhl konnte auf ein ungewöhnlich langes und reichhaltiges Künstlerinnenleben zurückschauen, das sie bis ins hohe Alter auch zu Tätigkeiten für das Fernsehen und das Hörspiel führte. Die CD-Aufnahme des Hörspiels Hier Familie Hansen ist heute noch zu erwerben.
Foto: SWR
Offenkundig lebte sie ganz für ihren Beruf, blieb unverheiratet und kinderlos. Ungeachtet dessen, trat sie als »Mütter- und Charakterspielerin, wie im Fach der Komischen Alten« hervor. Ihre enorme Berufserfahrung verlieh ihr zudem Sicherheit im Umgang mit den wechselhaften Arbeitsbedingungen im Nationaltheater. Sich als alteingesessener Profi inmitten ständiger personeller Veränderung zu behaupten, brachte durchaus Schattenseiten mit sich. Beispielsweise bot man ihr anlässlich ihres 75. Geburtstages eine Rolle in Gorkis Feinde als Geburtstagsgabe an, worüber sie sich in der Rheinpfalz beklagte:
»Das finde ich blamabel – aber nicht für mich. Ich habe schon anderes überstanden und bin auch künstlerisch noch da. Nun ich werde durch die Stadtverwaltung im Rathaus geehrt werden und danach wird im Puppentheater eine kleine Feier der Theatergemeinde stattfinden, bei der ich die Kartenlegeszene aus Schwester George muss sterben und den Monolog der Hebamme aus Hochhuths gleichnamigem Stück, das nächstes Jahr für mich vorgeschlagen wurde, rezitieren werde.«
Clara Walbröhl dokumentierte ihr Schaffen in vielen Alben mit chronologisch geordneten Szenenfotos in schwarz-weiß aus den Inszenierungen, an denen sie mitwirkte. Sie integrierte darin Widmungen und Autogramme von verehrten Kolleginnen und Kollegen, wie Erwin Piscator, Gustav Knuth und Claus Biederstaedt. Darüber hinaus sammelte sie Kritiken und Zeitungsausschnitte, die sich auf ihre beruflichen Engagements und Auszeichnungen bezogen. Ihre Großnichte hat 2023 einen Teil dieses theaterhistorisch und berufsgeschichtlich wertvollen Nachlasses dem Marchivum übergeben.
Clara Walbröhl konnte als Ensemblemitglied des NTM die Unkündbarkeit erreichen. Heutzutage bedarf es dafür einer Zugehörigkeit zur selben Bühne von 15 Jahren, was gerade im solistischen Bereich die große Ausnahme darstellt. Schaut man auf die Liste der Ehrenmitglieder seit 1957, hängen die langjährige Zugehörigkeit zum NTM und die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft häufig voneinander ab. Von 38 Personen sind nur vier weitere Frauen darauf zu finden: Prof. Mary Wigman, Else Tuschkau-Huth, Nora Landerich und Gerda Schulte.

Dr. Laura Bettag
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