FRAGEN & ANTWORTEN: Die Oper zeigt bis Sommer drei neue Inszenierungen in der Alten Schildkrötfabrik in Neckarau. Wir haben die Halle vermessen, einen Akustik-Check gemacht und erklären, warum die Industriehalle ein geeigneter Ort für Oper ist.
Noch mal zur Erinnerung: Warum spielt die Oper eigentlich in der Alten Schildkrötfabrik?
Wegen der Insolvenz der metron Vilshofen GmbH, dem mit dem Bau der Oper am Luisenpark (OPAL) beauftragten Totalunternehmer, herrscht derzeit Stillstand auf der Baustelle an der Theodor-Heuss-Anlage. Dort sollte ursprünglich im Dezember die neue Spielstätte der Mannheimer Oper eröffnet werden. Wann und wie es weitergeht, entscheidet sich im Verlaufe des Insolvenzverfahrens. Stand jetzt muss also vorerst ohne OPAL geplant werden. Neben dem Pfalzbau Ludwigshafen, dem Schlosstheater Schwetzingen, dem Musensaal im Rosengarten, dem Studio Werkhaus und anderen Bühnen zum Beispiel in Käfertal oder im Luisenpark wurde deshalb kurzfristig eine weitere Spielstätte benötigt, in der die für die restliche Spielzeit 2022.23 in OPAL geplanten Premieren gezeigt werden können. Fündig wurde man schließlich in Neckarau mit der Alten Schildkrötfabrik.
Und welche Stücke werden dort in dieser Spielzeit gezeigt?
Den Auftakt macht am 1. April 2023 Henry Purcells »Dido and Aeneas«, gefolgt von der Kammeroper »The Lighthouse« von Peter Maxwell Davies am 23. April. Am 14. Juli feiert zudem das Jerry Bock-Musical »Anatevka« Premiere in der Alten Schildkrötfabrik.
Aber ist die Halle überhaupt groß genug für Bühne, Ensemble, Orchester, Chor und Publikum?
Auch wenn der Raum in der Alten Schildkrötfabrik ein gänzlich anderer ist, als es die neue Oper am Luisenpark sein wird und als es das Opernhaus am Goetheplatz war, bietet das Kesselhaus, in dem die Oper ihre Stücke zeigen wird, mit 40 Meter Länge und 15 Meter Breite genügend Platz. Der größte Unterschied für die Künstler*innen und die Regieteams ist der Wechsel von einer Guckkastenbühne hin zu einer Raumbühne. Für »Dido and Aeneas«, die erste der drei Produktionen, hat Bühnenbildner Fritz Eggert eine in die Länge gezogene Tribüne und davor eine große, ebenerdige Szenenfläche gestaltet. Insgesamt werden 390 Sitzplätze zur Verfügung stehen.
Genug Platz schön und gut. Aber wie ist denn der Klang in der alten Industriehalle?
Die Alte Schildkrötfabrik wird schon länger als Veranstaltungsstätte genutzt. Die Akustik wurde daher bei Umbau und Sanierung berücksichtigt und optimiert. Da Oper aber ganz spezielle klangliche Anforderungen an einen Raum stellt, hat das NTM zusammen mit dem Berliner Tondesigner, Diplom-Tonmeister und Musikproduzenten Holger Schwark eine ausführliche akustische Testung des Kesselhauses vorgenommen. Bei der Probe mit Dirigent und Orchester in Originalbesetzung ging es vor allem darum zu klären, wo das Orchester für einen optimalen Klang platziert werden sollte, ob für die Vorstellungen absorbierende oder schalllenkende Veränderungen an dem Raum vorgenommen werden müssen, wie es sich mit der Nachhallzeit verhält und ob eine elektroakustische Verstärkung benötigt wird. Der erste Klangeindruck war dabei sehr gut und sogar besser als erwartet – warm, transparent, ausgesprochen klar und deutlich. In der Bühnenanordnung von »Dido and Aeneas« schien die Krümmung der Decke generell günstig für die Projektion der Musik von der Bühnen- in die Zuschauer-Längshälfte der Halle zu sein. Sowohl die Opernleitung, die technische Direktion, die Musiker*innen und der Dirigent David Parry als auch Experte Holger Schwark zeigten sich äußerst zufrieden mit den gewonnenen Erkenntnissen und sind zuversichtlich, dass der Raum nicht nur für Musiktheater geeignet ist, sondern ein einzigartiges Ambiente für intime und spannende Oper bietet.
Von Maik Dessauer
Wegen der Insolvenz der metron Vilshofen GmbH, dem mit dem Bau der Oper am Luisenpark (OPAL) beauftragten Totalunternehmer, herrscht derzeit Stillstand auf der Baustelle an der Theodor-Heuss-Anlage. Dort sollte ursprünglich im Dezember die neue Spielstätte der Mannheimer Oper eröffnet werden. Wann und wie es weitergeht, entscheidet sich im Verlaufe des Insolvenzverfahrens. Stand jetzt muss also vorerst ohne OPAL geplant werden. Neben dem Pfalzbau Ludwigshafen, dem Schlosstheater Schwetzingen, dem Musensaal im Rosengarten, dem Studio Werkhaus und anderen Bühnen zum Beispiel in Käfertal oder im Luisenpark wurde deshalb kurzfristig eine weitere Spielstätte benötigt, in der die für die restliche Spielzeit 2022.23 in OPAL geplanten Premieren gezeigt werden können. Fündig wurde man schließlich in Neckarau mit der Alten Schildkrötfabrik.
Und welche Stücke werden dort in dieser Spielzeit gezeigt?
Den Auftakt macht am 1. April 2023 Henry Purcells »Dido and Aeneas«, gefolgt von der Kammeroper »The Lighthouse« von Peter Maxwell Davies am 23. April. Am 14. Juli feiert zudem das Jerry Bock-Musical »Anatevka« Premiere in der Alten Schildkrötfabrik.
Aber ist die Halle überhaupt groß genug für Bühne, Ensemble, Orchester, Chor und Publikum?
Auch wenn der Raum in der Alten Schildkrötfabrik ein gänzlich anderer ist, als es die neue Oper am Luisenpark sein wird und als es das Opernhaus am Goetheplatz war, bietet das Kesselhaus, in dem die Oper ihre Stücke zeigen wird, mit 40 Meter Länge und 15 Meter Breite genügend Platz. Der größte Unterschied für die Künstler*innen und die Regieteams ist der Wechsel von einer Guckkastenbühne hin zu einer Raumbühne. Für »Dido and Aeneas«, die erste der drei Produktionen, hat Bühnenbildner Fritz Eggert eine in die Länge gezogene Tribüne und davor eine große, ebenerdige Szenenfläche gestaltet. Insgesamt werden 390 Sitzplätze zur Verfügung stehen.
Genug Platz schön und gut. Aber wie ist denn der Klang in der alten Industriehalle?
Die Alte Schildkrötfabrik wird schon länger als Veranstaltungsstätte genutzt. Die Akustik wurde daher bei Umbau und Sanierung berücksichtigt und optimiert. Da Oper aber ganz spezielle klangliche Anforderungen an einen Raum stellt, hat das NTM zusammen mit dem Berliner Tondesigner, Diplom-Tonmeister und Musikproduzenten Holger Schwark eine ausführliche akustische Testung des Kesselhauses vorgenommen. Bei der Probe mit Dirigent und Orchester in Originalbesetzung ging es vor allem darum zu klären, wo das Orchester für einen optimalen Klang platziert werden sollte, ob für die Vorstellungen absorbierende oder schalllenkende Veränderungen an dem Raum vorgenommen werden müssen, wie es sich mit der Nachhallzeit verhält und ob eine elektroakustische Verstärkung benötigt wird. Der erste Klangeindruck war dabei sehr gut und sogar besser als erwartet – warm, transparent, ausgesprochen klar und deutlich. In der Bühnenanordnung von »Dido and Aeneas« schien die Krümmung der Decke generell günstig für die Projektion der Musik von der Bühnen- in die Zuschauer-Längshälfte der Halle zu sein. Sowohl die Opernleitung, die technische Direktion, die Musiker*innen und der Dirigent David Parry als auch Experte Holger Schwark zeigten sich äußerst zufrieden mit den gewonnenen Erkenntnissen und sind zuversichtlich, dass der Raum nicht nur für Musiktheater geeignet ist, sondern ein einzigartiges Ambiente für intime und spannende Oper bietet.
Von Maik Dessauer
Veröffentlich im Theatermagazin März 2023
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