Zeitfenster Nr. 6

Der Bellenkrappen und die Mannheimer Theatergeschichte

Foto: Dr. Angela Wendt
Mannheim ist nicht unbedingt für seine Rheinromantik bekannt. Die Rheinpromenaden wurden aber in früheren Zeiten allseits geschätzt. Auf der Mannheimer Rheinseite lässt es sich noch heute angenehm spazieren. Der Ausgangspunkt und Blickfang dabei ist das nahe am Rhein gelegene und auch vom Fluss aus gut sichtbare Mannheimer Barockschloss. Der kunstsinnige Kurfürst Carl Theodor (1724 – 1799) ließ im Westflügel des riesigen Gebäudes eine imposante Hofoper errichten. Im November 1795 erlitt Mannheim in Folge des Revolutionskriegs schwere Zerstörungen, bei dem der Westflügel und damit auch die für einen großen höfischen Theaterbetrieb vorhandene Ausstattung abbrannte. Die Hofoper wurde nie wieder aufgebaut. Das Hauptaugenmerk des Mannheimer Theatergeschehens richtete sich vielmehr auf ein aus dem früheren Zeughaus entstandenes anderes Gebäude in B 3. Der Vorläufer des heutigen Nationaltheaters hatte 1777 seinen Spielbetrieb aufgenommen. Dieses Theaterhaus wurde 1943 durch den 2. Weltkrieg unwiederbringlich zerstört. Abgetragen hat man seine Ruine aber erst Anfang der 50er Jahre, nachdem die Stadt Mannheim den Neubau für das Nationaltheater auf dem Goetheplatz beschlossen hatte.
Bei der Beseitigung des Trümmerschutts, zu dem auch Bauteile aus dem 18. Jahrhundert gehörten, ging man zeittypisch unsentimental gegenüber den historischen Relikten vor. Mit ihnen wurde zum Beispiel das Rheinufer befestigt. Insbesondere am Bellenkrappen kann man das Aufeinandertreffen zweier Welten beobachten: hohe Kunst trifft auf Natur pur im Landschaftsschutzgebiet. Als Bellenkrappen wird ein schmaler Altrheinarm zwischen Waldpark und Reißinsel bezeichnet, der gebogen (Krappen = Haken) und mit Pappeln (Bellen) bewachsen ist. Je nach Wasserstand zeigen sich dort neben unauffälligen Steinbrocken auch Bruchstücke, die eine spezifische Bearbeitung aufweisen. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sie aus dem 18. Jahrhundert stammen und möglicherweise sogar Überreste der früheren Hof- und Nationaltheatergebäude sind.

Am idyllischen Bellenkrappen kann man so die Natur genießen und gleichzeitig ein wenig über die Mannheimer Theatergeschichte sinnieren. Ist dies nicht eine subtile und zugleich moderne Form von Rheinromantik? Sie lässt sich erleben, wenn der Altrheinarm bei Niedrigwasser seine Geheimnisse offenbart…

Dr. Laura Bettag
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