Zeitfenster Nr. 5

Die Verbindung zwischen Theatergebäude und Goetheplatz

Die Entscheidung, an welchem Ort das Nationaltheater nach dem 2. Weltkrieg wiederaufgebaut werden sollte, machte sich die Stadt Mannheim nicht leicht. Der historische Standort auf B 3 kam aus räumlichen Gründen nicht mehr in Frage. Es gab dort keine baulichen Erweiterungsmöglichkeiten, um den Anforderungen eines zukunftsorientierten Spielbetriebs auch nur annähernd gerecht zu werden.
Schließlich fiel die Wahl auf das heutige Gelände am Goetheplatz. Auf der damaligen Freifläche befanden sich ab 1900 Tennisplätze. Die aufstrebende Oststadt und die Grünanlagen waren nicht weit. Zudem lag sie verkehrsgünstig am Ring. Mit viel Platz und einer guten Lage wollte man eine moderne Architektur bieten. Ziel und Anspruch war es, ein Theater für alle Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Damals bedeutete das konkret, entsprechend große Zuschauerräume zu bauen. Man konzipierte das damals so genannte Große Haus mit 1.200 Plätzen und ein Kleines Haus für 800 Personen. In diesen beiden Häusern konnte nun unter einem Dach parallel gespielt werden.
Bei der Konzeption eines der Moderne verpflichteten Theatergebäudes wollte man sich zeitgeistig vom höfischen Theater eher distanzieren. Jedoch stand man den Errungenschaften der Mannheimer Theatergeschichte, die bekanntlich anfangs höfischer Natur war, nicht negativ gegenüber. Die Ästhetik des neuen Nationaltheaters sollte eine Verbindung aus vergangenen und zukünftigen Aspekten ermöglichen.
Ganz wichtig war dabei die Inbesitznahme eines Ortes, der zuvor nichts mit der Mannheimer Theaterkultur zu tun hatte. Die Theaterarchitektur sollte sich in den städtebaulichen Kontext einfügen, ihn aber nicht über Gebühr dominieren. Sich mit der Umgebung durchlässig zu verbinden, sollte durch die Glasflächen der Außenhaut möglich gemacht werden. Auch die Gestaltung des Theaterplatzes war von Bedeutung. Indem man den Baukörper nahe an die Hebelstraße setzte, erhielt man eine geräumigere Platzanlage. Sie sollte durch eine vereinheitlichende Struktur aus hell abgesetzten Streifen das gesamte Grundstück prägen.
Insbesondere aus der Vogelperspektive erkennt man die Linien, die längsseitig von der Hebelstraße bis zur Goethestraße in einem gleichmäßigen Rhythmus geführt werden. Bei genauerem Hinsehen setzen sie sich durch das Foyer fort bis auf die jeweils andere Seite. Der Hell-Dunkel-Kontrast variiert zwischen Innen- und Außenraum. Seine subtile Farbgebung geht auf den Maler und späteren Professor für Farbordnung, -psychologie und Farbgestaltung Paul Meyer-Speer (1897-1983) zurück. Er schreibt in der Festschrift zur Eröffnung des neuen Nationaltheaters:
»Alle Baustoffe, Baustrukturen, Baukörper, Räume und auch Licht und Schatten werden für das menschliche Auge sichtbar durch das Mittel der Farbe. Es trägt neben vielen anderen Eigenschaften eine räumliche Ordnung in sich, die fähig ist, dem Baustoff, der Baustruktur, den Baukörpern und den Außen- und Innenräumen klärend und ordnend zu dienen. Es wurde versucht, diese Farbraumordnung bei der Auswahl aller Baustoffe, Farbgebungen und Ausstattungen im neuen Nationaltheater sichtbar wirksam werden zu lassen«.
Das Grundthema der »Streifen« findet sich an weiteren Stellen im Haus. Auf dem Theaterplatz können sie als Visualisierung von Strahlen interpretiert werden, die den Stadtraum zu durchdringen vermögen und die so wertvollen Austauschprozesse zwischen alltäglichen und künstlerischen Lebenswelten befördern.

Dr. Laura Bettag
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