Leben im Bunker: Ein Semester in Mannheim 1954

Man sieht zwei Personen mit Warnweste und Helm auf der Spielhausbaustelle des Nationaltheaters stehen. Die linke Person ist Tilmann Pröllochs, geschäftsführender Intendant des Nationaltheaters. Rechts steht der Zeitzeuge Dieter Rosenbaum.
Das Spielhaus des Nationaltheater Mannheims steht zu zwei Dritteln auf einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Heute ist der Bunker Teil des Theaters und wird als Kellerraum genutzt. Doch dies war nicht immer so – bis in die 60er Jahre wurde er als Studentenwohnheim genutzt. Wir hatten das Glück, einen dieser Studenten interviewen zu dürfen:

Mannheim, 1954: Unter dem Goetheplatz, in einem Bunker, der heute Teil des Nationaltheaters ist, lebten Studenten in schlichten, unterirdischen Quartieren. Einer von ihnen war Dieter Rosenbaum, 1931 in Costa Rica geboren, 1934 mit seiner Familie nach Worms gekommen.

»Ich wollte eigentlich an die Technische Hochschule in Mannheim, aber man riet mir zu warten – zu viele Kriegsteilnehmer suchten noch Studienplätze«, erinnert er sich. Also machte er erst eine Lehre als Elektrotechniker. Danach pendelte er zweieinhalb Jahre lang täglich von Worms nach Mannheim zur Ingenieurschule – teils auf dem Trittbrett eines Zuges, mit Umsteigen in Ludwigshafen und Mannheim, insgesamt drei Stunden pro Tag.
Um sich diese Mühe zu ersparen, zog er für das letzte Semester in ein Studentenwohnheim, das in einem ehemaligen Luftschutzbunker untergebracht war. Sein Zimmer war kaum vier Quadratmeter groß, ausgestattet mit Bett, Tisch, Stuhl und einem kleinen Schrank. »Es war dürftig, also habe ich mir eine Leuchtstofflampe eingebaut und einen kleinen Plattenkocher angeschafft – damit es etwas gemütlicher war.«

Etwa 200 Studenten lebten dort. Die Sanitäranlagen wurden gemeinschaftlich genutzt, gegessen wurde in einer vom Studentenwerk unterstützten Kantine. Morgens bereitete man sich das Frühstück selbst, mittags gab es Suppe und ein Hauptgericht – alles unter künstlichem Licht. »Das hat niemand gestört, es war einfach Teil des Lebens«, sagt Rosenbaum.

Das Miteinander war unkompliziert. »Ein paar Kommilitonen kannte man besser, abends war immer etwas los, aber nie übermäßig. Nur einmal tauchten Wanzen auf – die haben wir mit Rauchspiralen vertrieben.« Trotz der beengten Verhältnisse blickt er mit Gelassenheit zurück: »Ich war zufrieden. Man hatte ein Bett, etwas zu essen – und das Zimmer kostete 25 Mark im Monat. Ich habe das Beste daraus gemacht.«

Mannheim selbst war damals eine Stadt im Aufbruch. Viele Häuser lagen noch in Trümmern, über dem Bunker wucherte Gras. Erst mit dem Bau des Theaters wurde der Goetheplatz wieder genutzt, der Bunker allerdings war noch bis in die 60er Jahre Studentenwohnheim.

Nach dem Semester begann Rosenbaum seine berufliche Laufbahn bei der Deutschen Telekom und blieb Mannheim verbunden. Seine Erinnerungen erzählen von einer Generation, die mit wenig auskam, sich bescheiden arrangierte und das Leben dennoch lebenswert gestaltete – mit Improvisation, Gemeinschaftssinn und einem unerschütterlichen Sinn für das Wesentliche.
Text: Nele Haller
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